5 Fragen an Dr.med. Peter Kardos
Facharzt für Innere Medizin, Allergologie und Schlafmedizin am Lungenzentrum Maingau, Ehemaliger Vorsitzender der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für die Therapie von Lungenkrankheiten e.V., und Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der Deutschen Atemwegsliga e.V.
Was motiviert Sie, am Jahrzehnt der Lunge mitzuwirken?
Das "Jahrzehnt der Lunge" verfolgt das Ziel, chronische Atemwegs- und Lungenerkrankungen auf die politische Agenda zu setzen und die Prävention und Früherkennung sowie die Versorgung von den über 14 Millionen Menschen, die von den Volkskrankheiten der Lunge betroffen sind, zu verbessern. Denn trotz der gesellschaftlichen und gesundheitsökonomischen Relevanz von chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen gibt es bisher keine politische Initiative, die sich den Volkskrankheiten der Lunge widmet. Ein „Nationaler Aktionsplan Lunge“ ist allerdings vor dem Hintergrund der steigenden Fallzahlen dringend notwendig. Denn gerade die Prävention beinhaltet ein großes gesundheitsökonomisches Potenzial. Das motiviert mich und ist der Grund für mein Engagement im Rahmen des Jahrzehnts der Lunge.
Welche Rolle spielen Prävention und Aufklärung in Ihrer Arbeit, insbesondere im Kontext von Atemwegs- und Lungengesundheit?
Prävention von und Aufklärung über chronische Lungen und Atemwegserkrankungen sind essenziell, da eine Vielzahl der chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen vermeidbar sind. Prävention ist auch eine zentrale Stellschraube, um die Krankheitslast von Betroffenen zu reduzieren und gleichzeitig auch das Gesundheitssystem zu entlasten. In meiner Tätigkeit als Internist und Allergologe sehe ich die Bedeutung von Prävention und Aufklärung tagtäglich: Zum einen in Bezug auf Tabakprävention und Rauchentwöhnung. Rauchen und Passivrauchen erhöhen das Risiko für chronische Lungen- und Atemwegserkrankungen und verschärfen bestehende Erkrankungen. Trotz des bekannten Gesundheitsrisikos rauchen etwa 35 % der Bevölkerung in Deutschland. Besonders Kinder sind durch Passivrauchen gefährdet und haben ein erhöhtes Risiko für akute Atemwegsinfektionen und Asthma.
Auch in meiner Rolle bei der Deutschen Atemwegsliga sind Prävention und Aufklärung zentrale Bestandteile meiner Arbeit. Die Deutsche Atemwegsliga fördert, wie auch ähnliche Organisationen, die Prävention und Aufklärung, indem sie wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umsetzen und Standards für Prophylaxe, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation entwickeln. Aus meiner Erfahrung sehe ich hierbei ganz klar, dass auch andere Akteure noch stärker aktiv werden müssen. Angesichts der Schwere der Krankheitslast und der wirtschaftlichen Belastung ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Krankenversicherungen und politischen Akteuren für die Priorisierung von Prävention und Aufklärung bei Lungen- und Atemwegserkrankungen unerlässlich.
Worauf im Bereich der Pneumologie sind Sie spezialisiert?
Ich bin spezialisiert auf die Diagnose und Behandlung von Asthma, Husten, COPD und interstitielle Lungenerkrankungen (ILD). Dabei bezeichnet ILD eine Gruppe heterogener Lungenerkrankungen, die das Lungeninterstitium schädigen. Dies kann zu Lungenfibrose und einer restriktiven Ventilationsstörung führen.
Welche Forderung des Politischen Kompasses ist Ihnen besonders wichtig?
Ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit als Pneumologe liegt auf der Diagnose und Behandlung von COPD. Besonders wichtig ist mir daher die umfassende Betrachtung von COPD als systemische Erkrankung sowie der damit verbundenen kardialen Komorbiditäten. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die Symptome der COPD, wie etwa Husten, häufig als “unkritisch” eingestuft werden und eine Diagnose daher oft erst im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit erfolgt. Mir ist die Forderung, „Early Case Findings“-Fragebögen fest in die bestehenden Früherkennungsprogramme zu integrieren, daher besonders wichtig. Auf dieser Grundlage lässt sich bestimmen, ob ein Lungenfunktionstest notwendig ist.
Wie stehen die Erkrankungen der Lunge mit Umweltfaktoren in Zusammenhang? Welchen Handlungsbedarf sehen Sie an dieser Schnittstelle?
Chronische Lungen- und Atemwegserkrankungen stehen in einem Zusammenhang mit der zunehmenden Luftverschmutzung. Besonders Feinstaub und bodennahes Ozon beeinträchtigen nicht nur die Lungenentwicklung, sondern tragen auch maßgeblich zur steigenden Inzidenz von Atemwegserkrankungen bei, insbesondere bei Kindern. Daher sehe ich die verpflichtende Reduzierung der Luftverschmutzung auf die empfohlenen Richtwerte der WHO als unerlässlich, um das erhebliche Präventionspotenzial vollständig zu nutzen. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Gesundheitspolitik und Umwelt- bzw. Klimapolitik integrativ gedacht werden, um die Zunahme von Atemwegserkrankungen zu verhindern und nachhaltig die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern. Darüber hinaus halte ich es für äußerst wichtig, den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Lungenerkrankungen wissenschaftlich weiter mit zusätzlichen prospektiven, clusterrandomisierten Studien zu untersuchen.