Tabakprävention und -entwöhnung

Tabakprävention und -entwöhnung

JAHRZEHNT DER LUNGE - WEGWEISER

 

Deutschland rauchfrei 2030

Rauchen und Passivrauchen erhöhen das Risiko, an chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen zu erkranken. Zusätzlich werden bestehende Erkrankungen dadurch verschlimmert. Obwohl Rauchen das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko ist, bleibt die Raucherprävalenz in Deutschland besorgniserregend hoch: ca. 35 % aller Deutschen sind Raucher:innen. Eine besonders alarmierende Entwicklung ist der zuletzt starke Anstieg aktiv rauchender Jugendlicher (14 bis 17-Jährige, aktuelle Prävalenz 15,9 %) und Erwachsener (18 bis 24-Jährige, aktuelle Prävalenz 40,8 %)1 . Noch deutlicher wird dieser Trend beim Konsum von E-Zigaretten – deren Nutzung hat sich unter den 14- bis 17-Jährigen von 2021 bis 2022 verfünffacht2.

Das Rauchen ist die Ursache von zahlreichen chronischen Erkrankungen der Lunge und eine der Hauptursachen für die Entstehung von Lungenkrebs. Allein in Deutschland sind bei Männern neun von zehn, bei Frauen sechs von zehn Lungenkrebserkrankungen auf aktives Rauchen zurückzuführen3. Neben Lungenkrebs ist das Rauchen ebenfalls der Hauptgrund für das Entstehen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Auch bei dieser chronischen Erkrankung der Lunge ist bei 9 von 10 Betroffenen der Tabakrauch die Ursache4. Des weiteren sind insbesondere Kinder durch das Passivrauchen gefährdet. Sie haben ein höheres Risiko für akute Atemwegsinfektionen wie Bronchitis. Zudem kann die Tabakrauchexposition bei Kindern sogar Asthma auslösen und bereits bestehende Krankheitssymptome verschlimmern, wenn diese bereits unter Asthma leiden5. Insgesamt sterben in Deutschland jährlich etwa über 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums6.

Gleichzeitig schneidet Deutschland im internationalen Vergleich bei der erfolgreichen Einführung von Tabakbekämpfungsmaßnahmen immer noch schlecht ab, wie der kürzlich veröffentlichte „WHO report on the global tobacco epidemic, 2023“7 auf eindringliche Weise aufzeigt. Das unterstreicht den politischen Handlungsbedarf in Deutschland.

Das Jahrzehnt der Lunge fordert daher eine Initiative „Deutschland rauchfrei 2030“, die das Ziel verfolgt, den Anteil der Raucher:innen auf unter 10 Prozent zu senken, nach dem Vorbild Neuseelands („Smokefree Aotearoa 2025“8). Dafür bedarf es jetzt der richtigen politischen Weichenstellung im Bereich Tabakprävention und -entwöhnung, denn 70 Prozent aller Rauchenden haben den Wunsch aufzuhören9.

 

Prävention

Berücksichtigung von Lungen- und Atemwegserkrankungen im Nationalen Präventionsplan

Der Konsum von Tabak- und Nikotinprodukten ist die Ursache von zahlreichen chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen. Dennoch fliegt das Thema politisch bisher unter dem Radar. Eine Verankerung im Nationalen Präventionsplan würde der Bedeutung dieses Indikationsbereiches Rechnung tragen und den Ausgangspunkt dafür bilden, die Situation der Erkrankten zu verbessern sowie einen neuen Fokus auf Maßnahmen zur Tabakprävention zu setzen.

Aufklärung als Aufgabe des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit

Tabakrauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. Daher müssen restriktive Maßnahmen zur Tabakprävention und Tabakentwöhnungsprogramme flankiert werden durch eine Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland. Dazu gehört auch eine verbesserte Aufklärung über die Folgen des Rauchens, wie chronische Lungen- und Atemwegserkrankungen. Chronische Erkrankungen der Lunge sollten daher dringend als Themen der öffentlichen Gesundheit verstanden und im Rahmen des geplanten Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit adressiert werden.

 

Entwöhnung

Kostenfreie und niedrigschwellige Angebote zur Tabak- und Nikotinentwöhnung ausbauen

Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) und die mögliche Erstattung von Arzneimittelkosten bei einer ärztlich diagnostizierten schweren Tabakabhängigkeit geht in die richtige Richtung. Jedoch lassen sich die Maßnahmen zur Tabakentwöhnung noch weiter verbessern.

Wichtig ist ein Erstattungsanspruch der Arzneimittelkosten zur Tabakentwöhnung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), der nicht auf schwere Raucher:innen begrenzt ist.

Entwöhnungsprogramme, die während eines Krankenhausaufenthaltes beginnen und dann ambulant weitergeführt werden, müssen finanziert werden. Denn 40 Prozent der Patient:innen könnten auf diese Weise vom Tabak entwöhnt werden10. Eine hohe Erfolgsquote zeigt sich bei einer ambulant fortgesetzten Tabakentwöhnung11.

Die fehlende Kostenerstattung ist das größte Hindernis für eine breite Etablierung von Entwöhnungsangeboten. Eine Lösung besteht in einem Zusatzentgelt für den bestehenden OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) „Multimodale stationäre Behandlung zur Tabakentwöhnung“ oder in der Etablierung von Qualitätsverträgen nach §110a SGB V12.

 

Nichtraucherschutz

Nichtraucherschutz für Kinder und Schwangere verbessern

Gerade das Rauchen in Fahrzeugen führt zu einer sehr hohen Schadstoffbelastung. Besonders Kinder und Jugendliche sind den gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens im PKW ausgesetzt. Das im Rahmen des „Gesetzes zur kontrollierten Abgabe von Cannabis“ (CannG) geplante Verbot des Tabakrauchens in PKWs, wenn Kinder und Schwangere mitfahren, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Daran sollte unbedingt festgehalten werden. Darüber hinaus sollte diese Regelung ebenfalls auf E-Zigaretten angewendet werden.

Nichtraucherschutz bundesweit vereinheitlichen

Die Landesnichtraucherschutzgesetze in den 16 deutschen Bundesländern unterscheiden sich in Teilen deutlich, besonders in Hinblick auf Ausnahmen vom gesetzlichen Rauchverbot. Daher braucht es einen bundesweiten, einheitlichen Ansatz – nur so kann ein effektiver Nichtraucherschutz deutschlandweit gewährleistet werden. Dabei gilt es, bestehende Ausnahmen abzuschaffen und ein absolutes Rauchverbot in Schulen, Diskotheken, Mehrraumgaststätten und Einraumgaststätten bis 75 m² durchzusetzen.

 

Den Wegweiser als PDF zum Download finden Sie hier. 

 

[9] Rigotti, N.A., et al., Treatment of Tobacco Smoking: A Review. JAMA, 2022. 327(6): p. 566-577

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